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Allergien
So kommt man Allergien auf die Spur
Juckende Haut, triefende Nase oder anfallsweise Atemnot – Allergien plagen immer
mehr Kinder und Jugendliche in den industriell entwickelten Ländern. In Deutschland
leiden nach Angaben von Dr. Ernst Rietschel von der Kinderklinik der Universität in
Köln inzwischen sechs bis sieben Prozent der Fünf- bis Fünfzehnjährigen an
atopischer Dermatitis, drei bis sieben Prozent an Asthma bronchiale und drei bis elf
Prozent an Heuschnupfen. Der Grundstein für diese als „atopisch“ bezeichneten
Erkrankungen mit überschiessender Immunantwort des Organismus auf
körperfremde Substanzen wird möglicherweise schon im Mutterleib gelegt. Die
Anlage zur Allergie wird vererbt, Kinder mit allergiekranken Eltern oder Geschwistern
trifft es besonders oft.
„Hausstaub- und Pollensensibilisierungen können bereits bei ein- bis zweijährigen
Kindern nachgewiesen werden“, so Friedrichs, Facharzt für Kinder- und
Jugendmedizin, Allergologie und Umweltmedizin. „Heuschnupfen tritt bereits in der
dritten Pollensaison nach der Geburt auf.“ Kinder mit Allergien rechtzeitig zu
erkennen und zu behandeln – durch Meidung der auslösenden Allergene, mit
Medikamenten oder durch Hyposensibilisierung – ist wichtig. Denn sonst kann es
leicht passieren, dass eine Allergieform in eine andere, schwerere übergeht. Nach
Friedrichs Angaben entwickeln je 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit
atopischem Ekzem oder Heuschnupfen im weiteren Verlauf ein Bronchialasthma:
„Der atopische Marsch findet nach wie vor statt!“
Durch Allergenvermeidung in der kritischen Phase der frühen Kindheit, besteht die
Chance, den Nachwuchs vor atopischen Erkrankungen zu schützen.
Ausschliessliches Stillen in den ersten Lebensmonaten kann eine Sensibilisierung
gegenüber Nahrungsmittelallergenen weitgehend vermeiden. Ihnen kommt bei der
Entstehung atopischer Erkrankungen große Bedeutung zu. Friedrichs: „Ein Drittel
der Säuglinge und Kleinkinder, die an einem atopischen Ekzem leiden, weist eine
Nahrungsmittelallergie auf, die das Ekzem ungünstig beeinflusst.“ Rietschel
empfiehlt, alle Kinder mindestens bis zum vierten Lebensmonat zu stillen.
Bei Risikokindern könnten auch Hydrolysat (HA)-Nahrungen erwogen werden. So
konnte in der GINI-Studie (German Infant Nutritional Intervention Study) mit einem
Hochhydrolysat auf Kaseinbasis die Häufigkeit von Allergieerkrankungen im Alter
von einem Jahr halbiert werden. Auch Probiotika wie Lactobazillen, die die sich beim
Säugling noch entwickelnde Darmflora verändern und so das Immunsystem
beeinflussen, können Risikokinder schützen. Das weiß man aus einer finnischen
Studie, in der die Mittel zwei bis vier Wochen vor der Entbindung von den Müttern
und dann sechs Monate lang von den Säuglingen eingenommen wurden. Nach zwei
Jahren hatten diese im Vergleich zu einer Gruppe ohne derartige Behandlung nur
halb so oft eine atopische Dermatitis.
Rauchen fördert offenbar Allergien – Rolle von Haustieren ungewiss
Während ein sicherer Beweis für einen Zusammenhang zwischen
Umweltverschmutzung und der Häufung von Allergien noch aussteht, ist der
schädliche Effekt des Tabakrauchens offensichtlicher. So seien Kinder, deren Mütter
vor, während und nach der Schwangerschaft geraucht haben, im Alter von drei
Jahren häufiger gegen Allergene aus Nahrung und Luft sensibilisiert, berichtet
Rietschel im Vorgriff auf sein MEDICA-Referat. Er empfiehlt daher allen Eltern, in
dieser Zeit auf das Rauchen zu verzichten. Positive Auswirkungen verspricht er sich
vor allem von gesundheitspolitischen Schritten wie einem Werbeverbot für
Tabakwaren und rauchfreien Zonen in öffentlichen Gebäuden.
Ob die Haltung von Haustieren eher schadet oder nutzt, dazu gibt es
widersprüchliche Erkenntnisse. Rietschel empfiehlt jedenfalls, in Hochrisikofamilien
– solchen, in denen beide Elternteile oder ein Elternteil und ein Geschwister Atopiker
sind – zumindest keine Haustiere anzuschaffen, bis die Kinder zwei Jahre alt seien.
Zudem sei auf ein hausstaubarmes Umfeld zu achten, etwa mit milbendichten
Matratzenbezügen.
Impfgegnern, die befürchten, Impfen provoziere Allergien, nimmt Rietschel übrigens
den Wind aus den Segeln: „Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Impfungen Allergien
fördern.“ (Bianca Bach)